Geld verdienen mit Übersetzen: Lohnt sich das 2025 noch?

2019 hab ich angefangen, neben dem Studium, online Geld zu verdienen. Ich hatte keine Lust mehr darauf, Leute im Europa Park nach ihrem Besuch zu befragen, und dachte mir: Ich studiere ja Skandinavistik, warum nicht mal versuchen, auf Fiverr mit Übersetzungen Geld zu verdienen?

Und das hat erstaunlich gut funktioniert. Schon nach wenigen Wochen hab ich im Monat 500 bis 1000 Euro mit Übersetzungen verdient und konnte damit mein Studium finanzieren.

Aber das war 2019.

Eigentlich nicht lange her, aber seitdem hat sich der Übersetzungsmarkt komplett verändert.

Ich sag nur ChatGPT.

Und Tatsache ist: Für viele Anwendungsbereiche reicht die Qualität, die KI-Tools liefern, völlig aus. Warum also noch menschliche Übersetzer:innen bezahlen?

In diesem Artikel teile ich meine Erfahrungen & Gedanken mit dir und verrate dir auch, wie die Situation bei mir heute aussieht. Verdiene ich selbst noch mit Übersetzungen Geld?

„Übersetzen“ klingt erstmal wie ein klar umrissener Beruf. In Wirklichkeit umfasst es alles vom IKEA-Handbuch bis zum Lyrikband – mit ganz unterschiedlichen Anforderungen, Honoraren und Zukunftsaussichten.

In diesem Artikel geht’s um den Bereich, in dem ich selbst gearbeitet habe: Auftragsübersetzungen für Unternehmen, Agenturen und Selbstständige. Also kein norwegischer Krimi, sondern eher Landingpages, Produktbeschreibungen, Blogartikel & Social-Media-Inhalte.

Wie sich der Markt verändert hat und warum

Fangen wir mit klaren Fakten an: Ich habe 2019 auf Fiverr begonnen, Texte aus dem Schwedischen, Dänischen und Norwegischen ins Deutsche zu übersetzen. In der Regel handelte es sich um Produktbeschreibungen, Website-Texte und Blogartikel.

Von 2019 bis heute habe ich insgesamt 376 Aufträge auf Fiverr abgeschlossen. Die meisten davon in den ersten Jahren, weil ich da erstens noch viel günstigere Preise hatte und zweitens noch mit Auftraggeber:innen gearbeitet habe, mit denen sich die Zusammenarbeit später außerhalb von Fiverr fortgesetzt hat.

Schauen wir uns an, wie sich die Auftragslage seit 2022, das Jahr in dem ChatGPT veröffentlicht wurde, entwickelt hat:

2022 habe ich über Fiverr 39 Aufträge abgeschlossen.

Im Jahr 2023 waren es noch 27 Aufträge.

Im Jahr 2024 10 Aufträge.

Und in diesem Jahr, 2025, bislang 5 Aufträge.

2026? Wahrscheinlich gar keine.

Von 2022 bis 2025 hat sich die Auftragslage auf Fiverr deutlich verschlechtert.

Und das sieht nicht nur bei mir so aus. Job-Plattformen selbst konstatieren einen Rückgang von Auftraggeber:innen und auch andere Übersetzer:innen berichten von weniger Aufträgen.

Der Billigmarkt stirbt zuerst

Normalerweise verändern sich Märkte nicht über Nacht. Menschen sind schließlich Gewohnheitstiere und stellen sich nur langsam um. Aber wie auch meine Zahlen zeigen: Mit ChatGPT war das anders.

Kaum war ChatGPT draußen, haben viele Auftraggeber:innen praktisch über Nacht gemerkt: Für den schnellen SEO-Text, die Produktbeschreibung oder den „Füll-Content“ reicht das. Ein bisschen prompten, ein bisschen Copy-Paste – fertig.

Aber hat ChatGPT wirklich den gesamten Markt von jetzt auf gleich umgekrempelt?

Meiner Erfahrung nach ist es vor allem der Billigmarkt, der durch KI eingebrochen ist.

Ich bin jemand, der sehr lange mit Auftraggeber:innen zusammenarbeitet. Deshalb kann ich gut vergleichen, wie sich die Auftragslage abseits von Fiverr für mich verändert hat.

Und weißt du was? Abseits von Fiverr hat sie sich für mich gar nicht verändert.

Ich arbeite immer noch mit denselben Leuten zusammen wie vor ChatGPT, ich bekomme noch genauso viele Aufträge von ihnen und noch genauso viel Geld.

Was ist also der Unterschied zwischen Plattformen wie Fiverr und meiner langfristigen Kundschaft?

Vertrauen, Beziehung & Qualität.

Wenn jemand für fünf US-Dollar eine Produktbeschreibung kauft, geht es nicht um Qualität. Dann geht es nicht darum, ob die Sprache zur Marke passt, ob sie Leser:innen erreicht oder irgendetwas transportiert. Dann geht es darum, dass überhaupt irgendwas dasteht, das ungefähr so passt.

In diesen Marktsegmenten hat noch nie ein echtes Interesse an Textqualität bestanden. Und deshalb konnte ChatGPT diesen Markt so schnell einnehmen, weil es exakt das liefert, was dort erwartet wird: irgendwas, das ungefähr passt, und das am besten sofort.

Lohnt sich das Übersetzen heute noch?

Meiner Erfahrung nach lohnt sich das Übersetzen in der Wirtschaft heute also noch, aber nur, wenn du dich nicht an den Billigmarkt richtest und wenn du dich selbst nicht nur als Übersetzer:in verstehst.

So solltest du als Expertin oder Experte für den Zielmarkt auftreten – zum Beispiel für den deutschsprachigen Raum. Denn Unternehmen brauchen nicht einfach nur eine sprachlich korrekte Version ihres Textes. Die liefert auch ChatGPT. Sie brauchen jemanden, der versteht, wie ihre Kundschaft tickt, wie sie kommuniziert, welche kulturellen Besonderheiten es gibt, wie ein Text wirken muss, damit er ankommt.

Ein Beispiel aus meiner Praxis: Ich arbeite mit einem schwedischen Verlag zusammen, der Escape Games, Schatzsuchen und Krimidinner für Kinder und Erwachsene entwickelt und verkauft. Eine ihrer Spielreihen heißt im Original wörtlich übersetzt „Der Weihnachtskampf“, „Der Geburtstagskampf“, „Der Stadtkampf“ oder „Der Naturkampf”.

Im Schwedischen funktioniert das. Im Deutschen klingt „Kampf“ dagegen ziemlich aggressiv und eher nach Gewalt oder Krieg, und das ist gerade im Kontext von Kindergeburtstagen ein ziemlich unglückliches Framing. Also habe ich den Serientitel bei der Übersetzung bewusst angepasst – aus „Kampf“ wurde „Challenge“, aus „Der Naturkampf” wurde „Die Natur-Challenge”. Wirkt doch gleich viel spielerischer und einladender, oder?

Solche Entscheidungen haben nichts mit reiner Wort-zu-Wort-Übersetzung zu tun. Es geht darum, den Ton zu treffen, kulturelle Assoziationen zu berücksichtigen und dafür zu sorgen, dass ein Produkt auch im anderen Markt funktioniert.

Und das kann die KI nur schlecht, wenn niemand da ist, der sie richtig füttert.

Sie braucht jemanden, der die richtigen Fragen stellt und der ihre Antworten einordnen kann.

Was bedeutet dieses Wort wirklich – nicht nur sprachlich, sondern kulturell?

Wie wirkt es im konkreten Kontext?

Was soll beim Gegenüber ankommen?

Wenn diese Fragen nicht gestellt – oder die Antworten ungeprüft übernommen werden –, bleibt die KI bei der naheliegenden, oft wörtlichen Lösung. Und dann heißt es eben „Weihnachtskampf“ statt „Weihnachtschallenge“. Ist ja nicht falsch, nur halt unglücklich.

Aber du musst nicht nur die Sprache und die Kultur verstehen. Je nachdem, in welchem Bereich du arbeitest, brauchst du zusätzliches Expertenwissen über Marketing, über Produkte, über Zielgruppen, manchmal sogar über rechtliche oder technische Hintergründe.

Wenn du für ein Startup übersetzt, das vegane Kosmetik verkauft, musst du wissen, wie die Branche kommuniziert. Wenn du Website-Texte für ein SaaS-Tool lokalisierst, brauchst du ein Gespür für Technologien. Und wenn du Produktbeschreibungen für einen Onlineshop übersetzt, dann hilft es, die Grundlagen von SEO zu kennen.

Aber: Das war schon immer das, was gute Übersetzer:innen von schlechten unterschieden hat.

Übersetzen war nie einfach nur ein sprachlicher Abgleich. Es ging immer auch um Wirkung, Kontext und Kultur. ChatGPT hat das nur sichtbarer gemacht – weil plötzlich jeder sehen kann, was eine reine Wort-zu-Wort-Übertragung nicht leistet.

Und damit sind wir wieder beim Billigmarkt.

Übersetzen lohnt sich heute nicht mehr, wenn du…

  1. …kein Expertenwissen* mitbringst, sondern nur die Sprache verstehst und Wort für Wort überträgst.
  2. …dich an die falsche Zielgruppe wendest – also an Kundschaft, die gar keinen Wert auf Qualität legt, sondern nur irgendeinen Text will, der so ungefähr passt.

Beides war auch vor ChatGPT schon keine gute Grundlage für ein stabiles Schreibbusiness. Aber jetzt fällt es schneller auf. Weil der Markt, der früher vielleicht noch 20 Euro für eine „schnelle Übersetzung“ gezahlt hätte, jetzt lieber ein paar Prompts ausprobiert.

*Was meine ich mit Expertenwissen?

Wenn du dich heute als Übersetzer:in im Marketingkontext behaupten willst, reicht Sprachkompetenz allein nicht. Du brauchst ein Verständnis dafür, wie Sprache wirkt. Das bedeutet:

  • Copywriting & Content Writing: Du musst wissen, wie du Botschaften auf den Punkt bringst. Wie du Texte so formulierst, dass sie Aufmerksamkeit wecken, Interesse halten und eine Reaktion auslösen. Gerade bei Werbetexten, Websites oder Social Media ist das entscheidend.
  • Tonalität & Zielgruppenverständnis: Ein Text für eine Hipster-Marke klingt anders als ein Text für eine Versicherung. Und diese Feinjustierung ist Teil deiner Arbeit. Du übersetzt nicht nur Worte – du überträgst Stimmungen.
  • Kulturelles Gespür: Was in Brasilien funktioniert, kann in Deutschland komplett daneben wirken. Du musst wissen, wie Sprache in einem bestimmten kulturellen Kontext gelesen wird und wo du eingreifen musst, damit der Text nicht ins Leere läuft.
  • Textsortenkenntnis: Eine Landingpage braucht eine andere Struktur als ein Produktdatenblatt. Ein Kundenmagazin funktioniert anders als ein Krimidinner. Je besser du verschiedene Textsorten kennst, desto gezielter kannst du übersetzen oder auch mal umschreiben.
  • Grundlagen in Marketing, UX oder SEO: Je nachdem, in welchem Bereich du arbeitest, kann auch technisches Zusatzwissen relevant sein. Du musst keine SEO-Expertin sein, aber wissen, dass Keyword-Stuffing sowas von 2015 ist.

Dieses Wissen macht dich als Übersetzer:in wertvoller – und schützt dich, zumindest erst einmal, davor, von der KI-Welle weggespült zu werden.

Wie kann ich heute noch mit Übersetzen Geld verdienen?

Wie kannst du also jetzt ganz konkret mit dem Übersetzen heute noch Geld verdienen?

Bringen wir noch einmal auf den Punkt, warum meine Auftraggeber:innen noch mit mir zusammenarbeiten, obwohl sie ihre Texte auch einfach in die KI hauen könnten und – ehrlich gesagt – ein ziemlich passables Ergebnis hätten.

Aber was hätten sie nicht?

  • Sie hätten keine Rückfragen, wenn das Briefing Lücken hat.
  • Niemand, der Vorschläge macht, wenn Begriffe im Deutschen unglücklich klingen.
  • Keine Ideen, wie man Botschaften besser auf den Punkt bringt.
  • Niemand, der Verantwortung übernimmt, wenn etwas nicht passt.

Sie hätten keine Sicherheit.

Und genau das ist es, was Unternehmen eigentlich bei dir kaufen, wenn sie dich für eine Übersetzung beauftragen: Sicherheit.

Und was bedeutet das dafür, wie du heute noch mit Übersetzungen Geld verdienen kannst?

Ganz einfach: Du musst dieses Gefühl von Sicherheit schon vermitteln, bevor jemand mit dir zusammenarbeitet.

Und das funktioniert nicht über Preisvergleiche. Nicht über Plattformen wie Fiverr. Sondern über eine klare Positionierung.

Du musst dich als strategische Partnerin oder Partner positionieren – nicht nur als Übersetzer:in.

Als jemand, der mitdenkt. Der Fragen stellt. Der versteht, worum es eigentlich geht, und dafür sorgt, dass es sprachlich funktioniert.

Du musst zeigen:

  • Wofür du stehst
  • Was deine Kundschaft bei dir erwarten kann – und was nicht
  • Warum deine Arbeit mehr ist als nur „Übersetzung“

Und wie zeigst du das?

Indem du sichtbar wirst. Zum Beispiel über:

  • eine eigene Website
  • einen Blog oder Newsletter
  • LinkedIn
  • Kontakte in Netzwerken, in denen sich deine Zielgruppe bewegt

Und jetzt?

Um mit dem Übersetzen heute noch Geld zu verdienen, sind zwei Dinge entscheidend: Sichtbarkeit und Beziehungen.

Und das gilt nicht nur fürs Übersetzen.

Das gilt für jede Art von Schreibarbeit – egal ob du Blogartikel, Newsletter oder Copywriting verkaufst.

Der Unterschied, wie viel du damit verdienen kannst, liegt fast immer in diesen beiden Faktoren.

Genau deshalb arbeite ich auch selbst an meiner Sichtbarkeit.

In meinem Newsletter Notizen über Sichtbarkeit erzähle ich, wie es bei mir läuft, welche Erfahrungen ich mache und was ich dabei so beobachte.

Er erscheint alle zwei Wochen. Hier kannst du dich anmelden.

Julia Jank

Julia hat ein Problem: Sie kauft weit mehr Bücher, als sie jemals lesen kann – ihr Wissensdurst ist einfach unstillbar. Damit wieder Geld reinkommt, schreibt sie freiberuflich Blogartikel und beschäftigt sich mit Marketing. Auf scribona schreibt sie über ihre Erfahrungen und ihre Erkenntnisse als freiberufliche Texterin.

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